Brett
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Der Holzwurm
nebst Hinweisen zu seiner Pflege


von Prof. Dr. Adolph Ben Benning, Dozent für Mikrozoologie an der Universität Buxtehude
1960 Verlag - Der Hausfreund - Hamburg


Gottfried von Bohrs, ein Holzwurm mit Stammbaum
Gestalt : Die Gestalt des Holzwurms ist länglich. Sie besteht aus einem vorderen, einem mittleren und einem hinteren Teil (siehe schematische Darstellung).
An der Spitze des Vorderteils befindet sich das Maul (A) mit dem ungemein kräftigen Gebiß. Der Zahn des Holzwurms ähnelt dem der Zeit - ja, manche Forscher vertreten die Auffassung, daß er mit diesem identisch sei.
Der Magen (B) liegt im Mittelteil. Sonst liegt dort nichts.
Im Hinterteil finden wir den Auspuff (C), auf dessen Wirkungsweise wir noch zu sprechen kommen.
Holzwurm, schematisch

Lebensweise : Der Holzwurm lebt, wie sein Name sagt, im Holz. Er ernährt sich, auch dies sagt sein Name, von Holz. Er stirbt, wie sein Name zwar nicht sagt, aber vermuten 1äßt, wenn kein Holz mehr da ist, von dem er leben könnte.

Fortbewegung : Schon im frühen Mittelalter begannen Wissenschaftler und interessierte Bastler sich die Frage nach der Fortbewegung des Holzwurmes zu stellen. Bis dahin hatte man angenommen, daß er sich ringelt oder windet wie alle anderen Würmer. Im Jahre 1078 jedoch fing Bruder Benediktus, ein Mönch des schweizerischen Klosters St. Gallen, einen älteren Holzwurm, der sein Vorderteil gerade aus einem Loch in der Platte eines Betpultes steckte. (Es ist anzunehmen, daß es sich da um ein schon sehr vertrotteltes Exemplar der Gattung Holzwurm gehandelt haben muß.)
Benediktus mit Wurm    Holzwurm-Gänge

Bruder Benediktus also faßte den Wurm und zog ganz langsam, denn als Mönch hatte er ja Zeit. Da sah er, daß der Durchmesser des Loches nicht größer war, als der des Wurms. Sein Interesse erwachte. Er zersägte das Betpult und legte den Wurm in die ausgenagten Gänge. Er paßte immer ganz genau. Da hatte Bruder Benediktus seine große Erleuchtung. Wie kann, überlegte er, der Wurm sich schlängeln, wenn an der Seite kein Platz ist ?

In diesem Augenblick erschien der Abt des Klosters in der Zelle und beschimpfte in fließendem Latein den Mönch wegen des zersägten Betpultes. Aber das geistliche Donnerwetter machte keinen Eindruck mehr auf Benediktus, der jetzt nur noch Holzwürmer im Kopf hatte.

Noch in der folgenden Nacht verließ er das Kloster durch den Lieferanteneingang, nicht ohne vorher den Holzwurm in des Abtes Bettgestell geschmuggelt zu haben. (Nach der Chronik von St. Gallen ist jedoch erst der übernächste Abt des Klosters mit diesem Möbel zusammengebrochen.) Fünf Jahre lang zog Benediktus mit einem Bauchladen durch die Lande und verkaufte Heiligenbilder. Dann hatte er genug Geld, um sich in Buchstadehude (dem heutigen Buxtehude) als Privatgelehrter niederzulassen, wo er sich nur mehr dem Studium des Holzwurms und dessen Fortbewegung widmete. Im Jahre 1121 starb er, hochbetagt, hatte das Problem jedoch nicht zu lösen vermocht.
Immerhin blieb das Interesse durch viele Jahrhunderte wach.


Fortsetzung

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